Hin und wieder, heute allerdings nur noch sehr selten, arbeite ich freiberuflich als Lektor.
Immer noch ist www.lektorat-online.de eine meiner Adressen, unter denen ich erreichbar bin.
Auch das 2001 erschienene Buch „Die Angst” von Geoff Thompson habe ich, neben etlichen anderen Büchern aus dem Bereich Kampfkunst und Selbstverteidigung, lektoriert.
Hier das lesenswerte Nachwort des Herausgebers:
Angst hat viele Ursachen und viele Gesichter. Zahllose kluge Leute, Mystiker, Philosophen, Psychologen, Mediziner und Naturwissenschaftler haben sich an die Erklärung dieses Phänomens gewagt und die verschiedensten Antworten gefunden.
Angst und Mut – sind es wirklich Gegensätze? Wie uns Geoff Thompson anschaulich zeigt, ist Mut nicht die Abwesenheit von Furcht.
Jesse Ventura, Navy SEAL, Biker, Berufsringer, Filmschauspieler und zuletzt Gouverneur von Minnesota, schrieb in seinem lesenswerten Buch I ain´t got time to bleed: Wenn ich Angst spüre, dann gehe ich dagegen an und besiege sie. Die einzige Art, Angst loszuwerden, ist ihr ins Gesicht zu sehen und sie zu besiegen. Es ist so, wie Franklin Roosevelt sagte: „Das Einzige, wovor wir Angst haben müssen, ist die Angst selbst! Ich habe nicht gern Angst."
Nur dadurch, dass wir uns immer wieder auch im Kleinsten unseren Mut beweisen, werden wir mutiger.
Zwischen Angst und Mut klafft nur eine schmale Spalte. So besteht nur ein kleiner, aber entscheidender Unterschied zwischen einem Feigling und einem Mutigen. Während der Feige auf seine Ängste hört, fühlt der Mutige dieselben Ängste, dieselben Angstsymptome, wagt sich aber trotzdem ins Unbekannte.
Wir brauchen Mut, um uns zu trauen, unseren eigenen Weg zu gehen. Und es sollte wirklich unser eigener sein, kein fremdbestimmter.
Mehr zu werden, sich auszuweiten, erfolgreich zu werden, mehr Geld zu haben, die Karriereleiter zu erklimmen, um endlich an irgendeiner Spitze zu stehen, ist ein unterhaltsames Spiel, das uns von manchen Sorgen ablenken kann und das mir nicht fremd ist. Aber wenn wir damit nur der Konditionierung dieser Gesellschaft folgen, darf es nicht das Endziel sein. Denn es bedeutet zwangsläufig Konkurrenzängste, Versagensängste, Verlustängste usw., weil wir dadurch unser unersättliches Ego füttern, das (falsche) Bild, das wir uns von uns machen.
Tatsächlich ist es das Ego, das sich bedroht fühlt und deshalb die meisten Ängste verursacht; das Ego zu stärken geht deshalb nicht tief genug, es mag sogar kontraproduktiv sein.
Setze dir nicht das Ziel, der beste Kämpfer zu werden, der Reichste deiner Stadt, der Stärkste in deinem Gym, der mit dem besten Abi deines Jahrgangs. Entwickle alle deine Talente für dich, aber vergleiche dich nicht mit anderen. Suche deinen persönlichen Erfolg, aber tue es nicht wegen der anderen.
Positives Denken ist sicherlich eine populäre Erfolgstechnik, aber sie hat die Nachteile einer vordergründigen Technik, sie kann dazu führen, dass wir unsere Ängste nur unterdrücken und ins Unterbewusstsein schieben – und alles Unterdrückte will irgendwann mit Macht wieder hervorbrechen ...
Wir müssen uns selbst erkennen mit all unseren Ängsten. Am Ego vorbei müssen wir in unsere innerste Schicht eindringen, wo wir uns selbst gegenüberstehen – ohne den Schutz unserer Kleidung, unserer Muskeln, unserer Titel, unseres Ansehens, unseres Geldes, unserer Position in dieser Welt. Dort werden sich aber auch alle unsere Ängste endgültig in nichts auflösen.
Machen wir uns nichts vor: Wir müssen das Rätsel Wer bin ich? knacken, und dazu brauchen wir den meisten Mut.
Kiel, den 1.1.2001 – Keith R. Kernspecht